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Eingewöhnung mit einem unruhigen Kind

Instagram Posts - Teil 2 (23)

Ist das ADHS? Der Erstkontakt ist sehr anstrengend.

Unruhige Kinder

Vielleicht hast du das schon mal erlebt – bei deinen Tageskindern, deinen eigenen oder anderen Kindern – dass ein Kind extrem unruhig ist und sich irgendwie nicht dazu bringen lässt, zur Ruhe zu kommen oder sich einfach mal in Ruhe mit etwas zu beschäftigen. 

🔍 Ein Beispiel aus dem Kita Alltag

Nach einem netten Telefonat mit einer sympathischen Mutter hast du dich auf das Erstgespräch vorbereitet und bis gespannt, das neue Kind kennen zu lernen. Die Mutter macht, wie bereits am Telefon, einen sehr netten und freundlichen Eindruck. 

Das Kind – nennen wir ihn Tobias – hat kaum ‚Hallo‘ gesagt, sondern sich von der Mama los gemacht, um gleich neugierig das Spielzimmer zu erkunden. Doch anstatt erstmal die neue Situation wahrzunehmen, den Schutz der Mutter suchend, um sich dann allmählich interessanten Gegenständen zuzuwenden und diese dann mit der  Zustimmung der Mutter immer entspannter zu erforschen, zeigt sich ein anderes Verhalten. 

Tobias scheint die Mutter gar nicht zu brauchen – und du denkst gleich, dass das ein gutes Signal ist und die Eingewöhnung wahrscheinlich schnell gehen wird. Aber als ihr hinterher kommt, bist du etwas geschockt. 

Tobias, er ist fast 2 Jahre alt, hat bereits viele Sachen herausgezogen, die Kiste mit Bauklötzen ausgekippt und ist gerade dabei, die Legosteine heraus zu ziehen, woran du ihn gerade noch hindern kannst, zumal die Kiste auf ihn fallen könnte. Der Mutter ist das offensichtlich etwas peinlich. 

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„Ja, so ist er, mein Toni – ein sehr lebhaftes Kind. Er braucht viel Bewegung und es wird Zeit, dass er in die Betreuung kommt.“ Sie seufzt. 

Sie versucht Tobias zu sich zu nehmen, aber er windet sich heraus und steuert nun auf den Kaufladen zu. Er hat nun sichtlich Freude daran, einkaufen zu spielen und so kommen die Erwachsenen nun in das Gespräch. Tobias Mutter erwähnt gleich, dass am Anfang alles sehr gut verlief, aber seit sie von Tobias‘ Vater getrennt und alleinerziehend sei, sei es alles sehr viel für sie. Leider habe sie bis jetzt keinen Betreuungsplatz finden können. 

Sie sei nun unbedingt darauf angewiesen. Während sie über weitere Fragen zur Betreuung sprechen, wird Tobias plötzlich laut. Ihm sind offensichtlich mehrere gefüllte Körbchen herunter gefallen und er ist sogar richtig wütend. 

„So geht das den ganzen Tag!“, kommentiert das die Mutter. Sie versucht, Tobias auf den Arm zu nehmen und zu beruhigen, aber er wehrt das vehement ab. Nachdem er sich wieder etwas beruhigt hat, gibt sie ihm einen Kuss, dann springt er auf und läuft nun zur Bauecke. Die Mutter räumt inzwischen das Kaufladen Zubehör auf. 

Die Autos gefallen Tobias sehr, aber auch hier bleibt er nicht lange bei einer Sache, sondern holt ein Auto nach dem anderen heraus. Immerhin kann das Gespräch nun fort geführt werden. Zwischendurch kommt Tobias kurz zu seiner Mama, um ihr ein schönes Feuerwehrauto zu präsentieren. 

Gerne nimmt er auch Kontakt zu dir, seiner neuen Bezugsperson auf, aber das Auto will er nicht mehr hergeben. Am Ende muss alles wieder aufgeräumt werden. Aber Tobias weint nun, weil er das schöne Auto behalten will. 

Die Mutter hilft beim Aufräumen, versucht ihn zu trösten und erklärt, dass er das Auto hergeben müsse, da es ihm nicht gehöre. Aber Tobias weint dadurch noch mehr und es dauert eine Weile, bis er sich gefasst hat. Am Ende gibt die Mama ihm ihre Tasche und er holt ihr Handy raus. Schlagartig ist die Traurigkeit verflogen und sie verabschieden sich. 

Danach bist du wie erschlagen, setzt dich erstmal und spürst jetzt, wie anstrengend das Treffen war. Nicht nur die Mutter, auch Tobias ist sympathisch, aber irgendwie ist in nur einer Stunde ein Durcheinander entstanden. Tobias ist so zappelig. Die Mutter sagte, dass er schon immer so sei. 

Hat er vielleicht ADHS? Dieser Gedanke schießt dir in den Kopf und du weißt, du musst das ernst nehmen. 

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Wie kann die Eingewöhnung mit einem unruhigen Kind gelingen? – Bindung, Geduld und Unterstützung

Die Unruhe eines kleinen Kindes kann vielfältige Ursachen haben. Ganz unabhängig davon – wenn es ein permanent unruhiges Kind ist, braucht es sichere Bindungserfahrungen, sehr viel Geduld und permanente Unterstützung im Alltag (time in statt time out)

Ob und wie das Zuhause oder in einer Einrichtung bewältigt werden kann, muss am besten von Anfang an gut bedacht werden. Eine Bindungsperson alleine ist oft schnell am Ende mit ihren Kräften. 

Die wichtigste Frage ist: Welche Ressourcen haben die Bezugspersonen zuhause und in der Betreuungs Einrichtung? 

Man muss sich darauf einstellen, dass das Kind wahrscheinlich seine Unruhe beibehält, auch wenn sich sein Verhalten verbessert. 

Was du beachten solltest:

  • feste verfügbare Bezugsperson
  • Betreuungs-Kapazitäten
  • Struktur
  • mehrere Elterngespräche
  • viele Bewegungsangebote
  • soziales Klima in der Gruppe
  • eigene Ressourcen


Ob die Unruhe des Kindes eher aus der akuten Situation herrührt, ein Persönlichkeitsmerkmal oder eine Verhaltensauffälligkeit darstellt, wirst du erst nach einer Phase der Eingewöhnung und des Ankommens von 4 bis 12 Wochen besser abschätzen können. 

Und was ist mit dem ADHS?

ADHS steht für Aufmerksamkeits-Defizit-Hypreaktivitäts-Störung.

Du musst und darfst keine psychische Diagnose stellen, dennoch ist es gut zu wissen, was ein Kind für typische Probleme haben kann. Wichtig ist schonmal, dass es keine Störung, sondern ein Syndrom ist, das heißt kein Krankheitsbild im engeren Sinne, sondern das Auftreten mehrerer typischer Symptome. 

Es gibt bei ADHS im Grunde drei Kernkriterien. Sollten diese gemeinsam dauerhaft auftreten, sollte man weitere Abklärungen vornehmen lassen. Es gilt, dass das Kind schon vor dem 6. Lebensjahr die Symptomatik gezeigt haben muss. Außerdem ist ADHS sehr typisch für Jungs. Es sind deutlich weniger Mädchen davon betroffen. 

Kriterien für ADHS

  • Aufmerksamkeit Defizit: Das Kind kann sich kaum auf eine Sache konzentrieren und/oder dauerhaft mit etwas beschäftigen
  • Impulsivität: Das Kind zeigt plötzliche, auch wechselnde Impulse, die kaum aufgeschoben werden können
  • Hyperaktivität: Das Kind zeigt einen ständigen ausgeprägten Bewegungsdrang und kann nur für kurze Zeit still sitzen


Achtung: Es gibt auch das ADS –
hier gelten die gleichen Symptome wie beim ADHS, nur ohne die Hyperaktivität. Diese Form ist nicht so auffällig, deshalb sollte auch daran gedacht werden. 

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Was ist bei Verdacht auf ADHS zu tun?

Schon beim Erstkontakt und in der ersten Kennenlernphase wird dir das Kind auffallen. Vor allem der ständige Bewegungsdrang ist deutlich spürbar. 

Allerdings, da Kinder sich grundsätzlich gerne und viel bewegen, ist es hier schwieriger, es abzugrenzen. Es ist also nötig, erstmal gut zu beobachten und zu sehen, wie durchgängig und stark sich die Symptome zeigen. Es gibt auch noch weitere Aspekte, die zum Erscheinungsbild zählen. Du tust also gut daran, Notizen zu machen und dich mithilfe der passenden Entwicklungsbögen zu psychischen Auffälligkeiten abzusichern. 

Diese Unterlagen geben dir die Grundlage, ein Elterngespräch zu führen. Die Eltern sollen dann die ärztliche Abklärung veranlassen und du solltest Ihnen eine Fachberatungsstelle zu Ihrer Unterstützung empfehlen. Natürlich kann es sein, dass das Kind lediglich eine aktive Phase hat oder einfach bewegungsfreudig ist. Auch der Stress des Kindes kann sich so äußern. 

Am Ende ist es immer besser, einen Verdacht zu überprüfen, um dann fest zu stellen, dass es keinen Grund zur Besorgnis gibt, als die Förderung eines Kindes mit Entwicklungsdefiziten zu versäumen. 

Was zu tun ist bei Verdacht auf ADHS?

  • Dokumentation
  • Entwicklungsbögen einsetzen
  • ärztliche Abklärung, physiologisch
  • ärztliche Abklärung psychologisch
  • Elternedukation (Aufklärung)
  • Beratung/Therapie Eltern/Kind
  • Fobi, Coaching Kita

Die Perspektive für die Zukunft – Wie geht es nach der Eingewöhnung weiter? 

Wenn die Eingewöhnung gelungen ist, fordert ein unruhiges oder ADHS Kind permanent mehr Unterstützung als andere. Das solltest du bzw. dein Team im Blick behalten.

Die Mühe, die sich die Erwachsenen geben, die Bedürfnisse jedes Kindes gut zu sehen und angemessen darauf zu reagieren, zahlt sich also am Ende aus. Gerade ein unruhiges Kind wird davon profitieren, eine feste Bezugsperson zu haben, die ihm Halt gibt – auch oder gerade weil das Kind oft so wirkt, als brauche es keine Bezugsperson. 

Der Regulation von starken Gefühlszuständen kommt ein Schlüsselfunktion zu – da sollte besonders drauf geachtet werden. Weil das psychisch sehr anstrengend ist, darfst du immer wieder gut für dich selber sorgen. Wenn die psychischen Ressourcen erschöpft sind, kann das Kind nicht mehr achtsam begleitet werden und der Stress nimmt zu.

Kleinere und größere Pausen zur inneren Regeneration sind sehr hilfreich. Die Erfahrung zeigt allerdings auch, dass in einem guten Klima in einer Einrichtung das soziale Umfeld eine sehr positive Wirkung ausüben kann und sich viele anfängliche Probleme meistens mit der Zeit verbessern oder sogar ganz verschwinden.

Du darfst darauf vertrauen, dass ein gutes soziales Miteinander der anderen Kinder ebenfalls regulierend auf das neue Kind wirkt. Die Kinder lernen ja auch untereinander sehr viel voneinander – solange sie nicht zu sehr gestresst sind. Unruhige und impulsive Kinder ziehen viel Aufmerksamkeit auf sich, was ok ist, solange die anderen Kinder der Gruppe nicht darunter leiden müssen.

Cordula Steffen

Cordula Steffen

Dipl. Dozentin für Eurythmie, qual. KTPP sowie Heilpraktikerin für bindungsbasierte Psychotherapie

Carina Neumann

Carina Neumann

Kindheitspädagogin B.A. in den Bereichen Entwicklung, Entwicklungsförderung und Psychomotorik

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