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Launisches Kind

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Der Beginn der Eingewöhnung ist super, aber dann…

Hast du es auch schon öfter erlebt, dass die Eingewöhnung zunächst super anläuft?

  • der Kontakt zur Mutter ist vertrauensvoll
  • das Kind, nennen wir es Leonie, offen und spielfreudig
  • die ersten Trennungsmomente verlaufen völlig problemlos, Leonie hat fröhlich weiter gespielt während die Mama kurz raus ging;


Und dann nimmt nach einigen Tagen oder 1 bis 2 Wochen die Eingewöhnung einen völlig unerwarteten Verlauf:

  • Leonie weint deutlich, wenn die Mama gehen will
  • Sie will nicht mehr spielen
  • Sie will von dir, der neuen Bezugsperson, nicht berührt oder getröstet werden
  • Sie lässt sich nicht ablenken oder dauerhaft beruhigen
  • Erst wenn die Mutter kommt, beruhigt sie sich wieder
  • In Gegenwart der Mutter spielt sie wieder, als ob nichts gewesen wäre


Die Entwicklung geht dann meistens dahin, dass Leonie schon morgens zuhause Anzeichen macht, dass sie nicht in die neue Einrichtung gehen will.  Sie macht “Theater” wie die Mutter berichtet, das heißt, sie will sich nicht anziehen und auf den Arm genommen werden. In der Einrichtung hält sie sich an der Mama fest und will nicht mit den anderen Kindern spielen. 

Was ist passiert?

Die Erwachsenen können sich dieses Verhalten meist nicht erklären und erleben die deutliche plötzliche Veränderung als sprunghaft, impulsiv oder sogar launisch. 

Es kommt auch Frust auf oder sogar Ärger über das Kind, weil doch alles auf so einem guten Weg war, alle Erwachsenen ja konstant bemüht sind und trotzdem das Kind einen Rückschritt zu machen scheint. 

Diese Situation verleitet dazu, das Verhalten des Kindes als “Laune”, “Faxen” oder “Theater” abzutun, da die Trennung ja bereits möglich war. Im schlimmsten Fall hält man das Kind für einen kleinen Tyrannen, der die Erwachsenen einfach nur schikanieren will. 

Es kann passieren, dass nun Druck ausgeübt wird, dem Kind dieses nicht “durchgehen zu lassen” und gewaltsam der anfänglichen Status wieder herzustellen. 

VORSICHT! 

Bei eindeutigen Bindungssignalen bis hin zum richtigen Weinen sollte gewaltsame Trennung mit Durchhalteparolen niemals die Strategie sein! 

Wie können wir also diese Situation besser einordnen, verstehen und vor allem: Wie sollen wir handeln? 

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Die Entwicklung des Kindes und die Situation der Eingewöhnung

Bei Kindern ist es immer wichtig, die altersgemäße Entwicklung mit einzubeziehen. Leonie ist vielleicht 1 bis 2 Jahre alt. 

Sie hat also gerade erst eine spezifische Bindung zu ihrer Hauptbindungsperson, ihrer Mama, aufgebaut und ist gleichzeitig noch sehr auf Fürsorge angewiesen. Sie hat das erste Lebensjahr fast ausschließlich mit ihrer Mama verbracht und kennt noch kaum Situationen ohne deren Begleitung. 

Es ist also adäquat, dass sie die Trennung von der Mutter nicht einfach so akzeptiert, sondern zeigt, dass sie ihren Schutz braucht. Es ist also entscheidend für die weitere Entwicklung, dass auf diese Verunsicherung des Kindes Rücksicht genommen wird, bis sie sich wirklich wohl fühlt in der neuen Situation. 

Doch damit ist immer noch nicht der Widerspruch geklärt, dass es doch am Anfang keinen Protest gab… 

Autonomie und Bindung in der Eingewöhnung

Nehmen wir noch den besonderen Blick der Bindungstheorie ein. Es zeigt sich am Anfang kein Bindungsbedürfnis, sondern ein hohes Maß an Erkundungsverhalten. Dann tritt plötzlich ein starkes Bindungsverhalten auf, indem die Nähe zur vertrauten Bindungspersonen, also der Mutter, eingefordert wird. 

3 Möglichkeiten

1. Die Bindung zur Mutter ist sicher, das Kind fühlt sich zunächst in ihrer Gegenwart sehr wohl, exploriert gerne und kann kürzere Zeiten ohne Präsenz der Mutter überbrücken. Die Bindung zur neuen Bezugsperson, der Erzieherin, wurde noch nicht stark genug aufgebaut, so dass bei längeren Trennungszeiten, in denen ein Bedürfnis nach Nähe auftaucht, die Erzieherin noch nicht als sicherer Hafen genutzt werden kann. Die Ablehnung der Erzieherin, die Trost spenden will und die Beruhigung mit der Mutter, spricht dafür. 

2. Die Bindung zur Bindungsperson, der Mutter, ist bereits unsicher, so dass längere Trennungsphasen überfordern. Dann müsste allerdings die Mutter Probleme haben, das Kind zu beruhigen(unsicher ambivalent) oder das Kind würde gar kein Bindungsverhalten zeigen (unsicher vermeidend).

3.
Anzeichen für eine desorganisierte Bindung oder Trauma liegen hier nicht vor.

Unterscheidung von gesundem Bindungsverhalten, unsicherem Bindungsverhalten und anderen Faktoren

1. Wie bereits aufgezeigt, kann eine sichere Bindung so stabil sein, dass ein Kind, auch in einer fremden Umgebung für kurze Zeiträume, in denen es sich wohl fühlt, die Abwesenheit der Mutter aushalten kann. Das klappt besonders gut, wenn die Mutter selber sehr entspannt ist. 

Erst in einer Situation, in der das Kind sich unwohl oder unsicher fühlt und Nähe braucht, z. B, weil es müde wird, zeigt sich, ob die neue Bezugsperson für Schutz und Trost genutzt werden kann. Es hat also am Anfang nur den Eindruck gemacht, dass das Kind mit der Trennung kein Problem hat, aber in Wirklichkeit hat noch kein neuer Bindungsaufbau stattgefunden. 

2. Wie schon erwähnt, können auch unsichere Bindungsstile eine Rolle spielen, allerdings sind die typischen Kriterien dafür in unserem Beispiel nicht erfüllt. 

3. Es können Faktoren ausschlaggebend sein, die nicht bewusst sind und zu dem Verhalten führen. Dazu zählt alles, was das Kind im Verlauf der Eingewöhnung zusätzlich verunsichert und so die Anhänglichkeit auslöst. 

Beispiele wären, negative Erlebnisse in der Einrichtung, z. B. weil ein anderes Spielsachen weg genommen hat; oder Ereignisse im Umfeld wie ein Umzug oder der Tod eines Haustieres; Nicht zuletzt können es auch körperliche Beschwerden sein, z. B. Wenn das Kind einen Infekt ausbrütet. 

Wir dürfen uns immer wieder bewusst machen, dass kleine Kinder grundsätzlich nicht weinen oder klammern, weil sie launisch oder frech sind oder uns ärgern wollen – sie haben ihre Gründe für ihr Bedürfnis nach Nähe und Schutz und sollten damit ernst genommen werden. Manchmal haben wir Erwachsenen nicht den Einblick in die Welt des Kindes, um zu verstehen, was gerade der Grund für das Verhalten ist. Deshalb dürfen wir ihm dennoch nicht verwehren, auf seine Signale angemessen zu reagieren. 

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Cordula Steffen

Dipl. Dozentin für Eurythmie, qual. KTPP sowie Heilpraktikerin für bindungsbasierte Psychotherapie.

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