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Kinder mit herausforderndem Verhalten eingewöhnen?
Wie kann das gelingen?

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Der Alptraum für dich als Erzieherin oder Kindertagespflegeperson? Insbesondere, wenn du noch wenig Erfahrung hast, kann dich ein Kind mit seinem Verhalten ganz schön herausfordern.

Es ist Montag. Du freust dich auf das neue Kind, bist gespannt, die Eltern kennenzulernen und möchtest natürlich vor allem bei den ersten Treffen eine gute Zusammenarbeit aufbauen – und dann kommt das neue Kind in den Spielbereich…..

Welches auffällige Verhalten legt das neue Kind an den Tag? 

  • Es schüttet die Spielkisten aus, worüber du erstmal erstaunt bist
  • Es rennt hin und her und zieht alles mögliche Spielzeug heraus, was dich nervös macht
  • Auf die anderen Kinder reagiert es mit Schubsen, was du ärgerlich findest, aber wofür du noch Verständnis aufbringen kannst
  • Dann fängt es an, Gegenstände herum zu werfen, so dass du nun wirklich deutlich durchgreifen musst, weil es zu gefährlich ist
  • Zuletzt nimmt die Mutter das Kind zu sich, aber es fängt an, die eigene Mutter zu treten und zu hauen, es reißt sich los und geht nun direkt auf ein anderes Kind los, das nun gebissen wird, ehe du es verhindern konntest


Au Weia !

Kann ich mich auf außergewöhnliche Situationen vorbereiten?

Ein Gespräch mit der Mutter ist so gut wie gar nicht möglich, das gebissene Kind und ein weiteres Kind weinen jetzt laut und müssen erstmal getröstet werden. 

Die Mutter fühlt sich schlecht, weil sich ihr Kind so verhält und du bist total gestresst, weil die Situation außer Kontrolle geraten ist. 

Nun gut, kann man einerseits sagen, so etwas kann passieren und ist Gottseidank eher die Ausnahme. 

Aber kann man sich auf so etwas vorbereiten? Und was tue ich, wenn es so oder ähnlich abläuft?

Das ist vor allem für die Eingewöhnung sehr wichtig, da die gemeinsame Zusammenarbeit erst aufgebaut werden muss und alles, was passiert und dein Verhalten als Fachkraft ausschlaggebend dafür ist, ob die Eltern dir und der Einrichtung ihr Vertrauen schenken wollen.

Schauen wir doch erstmal auf die Entwicklung des Kindes

Zunächst einmal ist es natürlich hilfreich, das Kind so weit wie möglich zu verstehen. Die Entwicklungsgesetze des Kindes als solche zum einen und die ganz individuelle Geschichte zum anderen.

Die Entwicklung des Kindes zwischen Bindung und Autonomie

Das Kind entwickelt sich im Wechselspiel von Bindung und Autonomie 

Am Anfang braucht das Baby vor allem den Schutz der Nähe zu Erwachsenen, die seine Versorgung gewährleisten. Es bindet sich deshalb an seine Bezugspersonen und fordert immer wieder Nähe und Trost ein. Nach dem ersten Geburtstag gibt es einen deutlichen Autonomie-Schub, der seinen Höhepunkt um das 2./3. Lebensjahr herum hat – die sogenannte Autonomiephase – oder wie man sie früher nannte “die Trotzphase”. 

Während das Bindungsbedürfnis sich meist durch Anklammern, Jammern und Weinen zeigt, tauchen in der Autonomiephase vermehrt Trotz, Wut und Aggression auf. 

Dieses Verhalten gehört also durchaus zu einer gesunden Entwicklung dazu. 

Das Kind will alleine aktiv sein, erkunden und ausprobieren. So kann auch Zwicken oder Hauen etwas sein, was einfach mal ausprobiert wird. 

Dabei erlebt es viel Frustration auf vielfältige Art und Weise , weil es nicht alles so tun kann, wie es das möchte. Da das Kind Gefühle noch nicht gut alleine regulieren und einordnen kann, kommt es häufig zu einem mehr oder weniger wilden Ausagieren dieser Gefühle. 

Der tröstende Kontakt auch zu Bindungspersonen kann sogar auch in diesen Momenten abgelehnt werden. Trotzdem ist es wichtig, das Kind in dieser überfordernden Situation zu begleiten.

Was heißt das nun in unserem beschriebenen Fall?

Das Kind zeigt typisches Autonomieverhalten, allerdings in ausgeprägter Form.

Die soziale Entwicklung
Kinder, auch wenn sie noch sehr jung sind, lernen bereits soziales Verhalten, insbesondere aus der Nachahmung heraus. Es ist also üblich, dass eher unerwünschte Verhaltensweisen, wie die hier genannten, weder von Bezugspersonen vorgelebt und dann reguliert und korrigiert werden, so dass so etwas beim Ersttermin in der Einrichtung tatsächlich eher die Ausnahme darstellt. Aus der Überforderung heraus kann es jedoch bei dem Kind zu einem “Systemabbruch” kommen und diese starken Emotionen in seinem Verhalten zeigen.

Die Veranlagungen und Eigenschaften 
Dazu kommen Veranlagungen und Eigenschaften des Kindes wie Temperament, Bewegungsdrang, Durchsetzungswillen, Frustrationstoleranz, Regulationsfähigkeiten, Empathiefähigkeit etc. 

Die individuelle Geschichte 
Am Ende ist es dann die eigene individuelle Geschichte, die auch schon bei sehr jungen Kindern sichtbar werden kann und hilft zu begreifen, was ein Kind erlebt, ausdrücken will und vermutlich braucht.  So könnte das Kind in unserem Beispiel mit einem älteren Bruder ohne Vater aufgewachsen sein und durch die Belastung der Mutter wenig Halt und Führung erfahren haben. Grobes Verhalten des Bruders und ständige Zurückhaltung der Mutter haben eventuell diese Umgangsweise deutlich verstärkt. 

Aggression bei kleinen Kindern ist immer auch ein Zeichen von Stress

Zerstörerisches, lautes, wildes oder verletzendes Verhalten ist neben den genannten Faktoren häufig ein Zeichen von Stress des Kindes

In der Regel stecken dahinter Formen von Unfeinfühligkeit, Vernachlässigung, Desinteresse oder Gewalt oder Über-bzw. Unterforderung. Da das Kind sich noch nicht rational verstehen und artikulieren kann, ist körperliches Verhalten oft ein Hilferuf: 

„Bitte hilf mir, denn ich komme selbst mit meiner Situation und meinen Gefühlen nicht zurecht.“ 

So können die fremde Situation in der Einrichtung, die anderen Kinder, die bevorstehende Trennung von der Mutter und anderes bereits großen Stress in einem Kind auslösen, insbesondere wenn die Bindungen des Kindes bisher nicht gut aufgebaut wurden. 
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Wie gehe ich als pädagogische Fachkraft damit richtig um?

1. Sich nicht verunsichern zu lassen.
Wie gesagt, so ein Verhalten, auch wenn es extrem rüber kommt, kann zur Autonomie Phase gehören.


2. Dokumentieren
Auffälligkeiten sollten auf jeden Fall notiert werden. Sollte sich dieses Verhalten nicht innerhalb weniger Wochen entwickeln, sind weitere Schritte einzuleiten. Dies kann eine ärztliche Abklärung, ein Elterngespräch, unterstützende Maßnahmen, Hilfe von außen oder Ähnliches sein.

3. Mit den Eltern reden
Nachfragen, Interesse zeigen, die Vorgeschichte kennen lernen, den sonstigen Alltag des Kindes erfragen – so entsteht ein vertrauensvolles Gespräch und du erfährst wichtige Informationen, um die Situation besser einzuschätzen. Auf dieser Grundlage kannst du den Eltern Tipps mit auf den Weg geben. 

4. Bei Gefahr immer handeln!
So wie in unserem Beispiel darfst du nicht zögern, die Mutter aufzufordern oder auch selber direkt einzugreifen, wenn eine Gefahr von dem Verhalten des Kindes für andere Kinder ausgeht. Auch wenn das Überwindung kostet, da man sich vor allem am Anfang noch nicht kennt, hast du die Pflicht, dafür zu sorgen, dass niemand zu Schaden kommt. 

5. Im Zweifelsfall immer Hilfe holen
Es ist ganz normal, auch mal mit Situationen überfordert zu sein – sei es, dass dich so ein Verhalten hilflos, unruhig oder wütend macht. Nutze verschiedene Möglichkeiten der Unterstützung, um eine gute Lösung für eine herausfordernde Situation zu finden. 

Das können deine Kollegen/Innen sein, eine interessante Fortbildung zum Thema, eine Beratung oder ein Coaching für dich und natürlich auch Anlaufstellen für die Eltern.

Mit diesen Tipps hast du eine gute Basis, um in einer schwierigen Situation die Zügel in der Hand zu behalten. 

Es macht also durchaus Sinn, mögliche schwierige Szenarien anzuschauen und dann besser vorbereitet zu sein. 

Cordula Steffen

Cordula Steffen

Dipl. Dozentin für Eurythmie, qual. KTPP sowie Heilpraktikerin für bindungsbasierte Psychotherapie.

Carina Neumann

Carina Neumann

Kindheitspädagogin B.A. in den Bereichen Entwicklung, Entwicklungsförderung und Psychomotorik

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